Donnerstag, 21. März 2013

DK 01 Prolog


"Vor über 14 Milliarden Jahren tobte ein Krieg auf dieser und jeder anderen bekannten Welt. Niemand weiß genau wie er begann oder warum er geführt wurde, aber jeder weiß wie er endete. Mit einem Knall, wobei dieser Begriff ein klein wenig untertrieben ist. Es war eine absolut alles verändernde Explosion, die nicht nur den Raum sondern auch die Zeit vollkommen verzerrte und erschütterte. Fast nichts überlebte diesen Knall. Doch da war einer der Soldaten, einer der Krieger, der in diesem Krieg kämpfte. Er war noch da und er suchte. Er suchte seine Geliebte, mit der er seit Äonen von Jahren vereint war.

Fast 10 Milliarden Jahre verbrachte dieser einsame Krieger auf der Suche. Er watete durch die Trümmer des Krieges, doch fand er überall nur Tod und Zerstörung. Bis er zu einem kleinen Leuchten am Rande des Schlachtfeldes kam. Da lag sie, seine Geliebte. Schon aus der Ferne sah er es: In ihr war kein Leben mehr. Er brach über sie zusammen und er weinte. Oh, er weinte so sehr. Über anderthalb Milliarden Jahre lang umarmte er seine Geliebte und weinte. Dann erst löste er sich von ihr. Er stieg auf und gab ihr sein letztes Versprechen: „Ich werde auf ewig bei dir bleiben.“
   Kurz darauf ließ er los, den Schmerz, sein Leben. Seine Gestalt erkaltete und versteinerte.
   Was er selbst nie mitbekommen sollte war was danach geschah. Seine Tränen durchfluten sie, ihre Täler, ihre Tiefen, ihren Himmel. Gefüllt mit seinem Leben schenkten sie ihr ein Zweites. Ihr Innerstes begann wieder zu pulsieren, zu leben. Sie erwachte zu neuen Leben und auf ihr? In den Tränenmeeren? Dort erwachte ebenfalls neues Leben, ihre Kinder“, er unterbricht sich, „und so leben wir, in der warmen Umarmung unserer geliebten Mutter und unter dem steinernen Blick unseres geliebten Vaters. Wir danken ihm bis heute für seine Tränen die uns Leben, Kraft und die Magie schenkten."

Die Lichter im Saal gehen an.
   "Dies, meine Damen und Herren, war ein Auszug aus dem Buche Patrias. Es beschreibt die Schöpfung unseres Universums und die Wiedergeburt unserer Welt. Doch das für uns entscheidende ist der letzte Teil. Was genau sagt er aus?", fragt der Tutor an seine Klasse.
   Über die Hälfte der Arme geht in die Höhe. Kein Wunder, jeder dieser angehenden Magier kennt den Satz.
   „Wasser bedeutet Macht!"
   „Korrekt!", lobt er seinen Schüler. „Aus dem Wasser heraus ziehen wir unsere Kraft. Deswegen befindet sich jeder Zirkel und jede Ausbildungsstätte in der Nähe eines unserer Meere. Aber nicht nur aus unserer Umgebung heraus können wir Macht ziehen, sondern auch aus unserem Inneren. Denn auch wir bestehen aus diesem Wasser, aber unsere Reserven sind begrenzt. Würdet ihr eure gesamte Macht entfesseln, dann würdet ihr als ausgedörrte Leiche enden. Deswegen hat es oberste Priorität, so viel möglich zu trinken während des Trainings. Mindestens 15 Liter pro Tag! Doch ein Kampfmagier kann es sich nicht erlauben mal eben eine Trinkpause im Gefecht zu veranstalten, dafür gibt es die Injektionskanülen.
  Mit denen werdet ihr euch morgen befassen. Ich denke für heute haben wir genug durch genommen. Ich wünsche euch allen einen schönen Rest-Tag und hoffe euch hat euer erster Tag hier gefallen oder zumindest, dass wir euch nicht zu viel Angst eingejagt haben."
   Die Klasse lacht, während eine junge Magierin eilig ihre Sachen zusammen packt. Sie hat noch ein wichtiges Treffen mit ihrer neuen Freundin.

Es ist bereits später Abend als die letzten Trainingseinheiten in Varus, einer Ausbildungsstätte für Wächter, enden. Junge Frauen und Männer zwischen siebzehn und fünfundzwanzig kommen an diesen Ort, die sich dazu bereit erklärt haben die Menschheit zu schützen. Früher waren die Wächter noch eine militärische Einheit. Doch seit Jahrzehnten herrscht überwiegend Frieden auf der Welt und so haben sich die Wächter zu einer Einheit für Sonderfälle und Präzisionseinsätze entwickelt. Zwei Mädchen unterhalten sich. Die eine ist eine angehende Kampfmagierin, die heute ihren ersten Tag hatte. Das andere Mädchen wiederum befindet sich in ihrem 2ten Jahr für die Schützenausbildung. Beide sind sich bereits früher begegnet und wollen sich nun näher kennen lernen.
   Und so erzählt die Schützin ihr, dass sie entgegen dem Willen ihrer Mutter, dieser nicht in die Nachtwache folgen möchte. Denn auch wenn sie ihre Mutter liebt, so möchte sie doch niemanden diese Ungewissheit antun. Die Ungewissheit, die sie und ihr Vater jeden Abend ertragen mussten, wenn ihre Mutter wieder auf Streife ging. Was sie stattdessen machen möchte? Darauf zuckt sie nur ratlos mit den Schultern. Um die Stimmung ein wenig zu heben erzählt die junge Magierin etwas über sich, über ihre Familie.
   „Mein Vater ist ein richtiger Schussel. Letztens hat er wieder einmal eine der uralten Relikte meiner Mutter geschrotet. Wie so oft hat er seine Nase zu tief in ein Buch gesteckt und es dabei übersehen. Mum hat ihn daraufhin rund gemacht.“
   Sie äfft ihre Mutter nach: „Das gibt’s doch nicht Samarus. Wie zum Teufel kannst du einen fast zwei Meter großen Spiegel übersehen, der dazu auch noch am RAND“, sie fuchtelt wütend mit den Händen, „eines zwanzig Meter breiten Raumes steht? Wie kann man da denn ausversehen gegen laufen? Du…"
   „Moment mal", unterbricht die Schützin sie. „Du heißt mit Nachnamen Dev?"
   „Mhm?"
   „Und dein Vater mit Vornamen Samarus? Samarus Dev? Dein Vater ist DER Samarus Dev?"
   „Ähm ja, das ist er", gibt sie verlegen zu.
   "Wow, einer der Helden der Drachenkriege ist den Vater? Der Herr des Tods, Träger des Seelenfängers und Schlächter von hunderten dieser Bestien! Erst soll er sie in Qual und Leid gehüllt haben, um sie dann mit seiner Teufelsmagie in Stücke zu reißen oder ihnen das Fleisch von der Haut zu brennen und diejenigen die noch halbwegs intakt waren hat er einfach wiedergeholt und sie gegen ihre eigenen Kameraden geschickt…"
   „Sarina, hör auf!", wutentbrannt springt die Magierin auf.
   "Was ist denn?", fragt die Schützin verwundert.
   Langsam dreht sich das junge Mädchen zu ihr um. Tränen stehen ihr in den Augen. „Du weißt doch gar nicht wie es war…"
   „Aber?"
„...seine Freunde abzuschlachten, ihre Körper zu schänden und sie gegen ihre eigenen Brüdern und Schwestern zu hetzen."
   Verwirrt starrt sie die Magierin an. „Seine Freunde? Ich versteh nicht?"
   Die Magierin schüttelt langsam ihren Kopf. „Du hast keine Ahnung was damals wirklich geschehen ist, oder?“
   Einen Moment lang wird es still.
   „Nun gut. Ich erzähl dir, was auch mein Vater mir erzählte. Also was weißt du über Drachen? Außer was mit dem Krieg zu tun hatte?“, beginnt sie.
   Sarina überlegt. „Nun ja, es sind Kaltblüter und im Gegensatz zu uns nutzen sie als Quelle ihrer Kraft Feuer anstatt Wasser. Jeder von ihnen ist magiebegabt, auch wenn die meisten diese Gabe nur nutzen um Feuer zu speien. Ach und sie werden tausende von Jahren alt.“
   „Das ist schon ganz gut, aber sie werden Millionen von Jahren alt. Also, die Drachen gelten als Kinder der Erde, genau wie es die Echsen damals waren. Im Gegensatz zu ihnen, konnten sie Magie nutzen und haben sich weiterentwickelt. Sie sind in die Lüfte gestiegen und konnten so auch den Meteor überleben, der die restlichen Echsen vor Millionen von Jahren ausgelöscht hatte. Durch ihre enorme Langlebigkeit waren die meisten der Drachen Einsiedler. Sie interessierten sich nicht großartig für andere Wesen. Kein Wunder, sie waren sowieso allen überlegen.
   Dann kamen wir Menschen. Wir entwickelten uns rasant und waren die erste andere Rasse nach den Drachen, die in der Lage war Magie zu nutzen. Wir erschufen sogar neue Rassen. Darunter waren Naturgeister, Engel, Dämonen und sogar Götter. Alles Wesen die durch unseren Glauben oder durch unseren Willen in diese Welt geboren wurden. Den alten Drachen, diejenige die bereits hunderttausende von Jahren hinter sich hatten, waren wir aber weiterhin egal. Doch die Jungen“, sie stockt. „Nun, wir breiteten uns rasant aus. Nahmen uns ihr Land, ihre Berge und ihre Beute. Schnell waren wir das Ziel ihrer Wut und sie begannen die Menschheit zu jagen. Das war vor knapp fünftausend Jahren und es war auch der Ursprung der Angst vor den Drachen. Sie löschten tausende von Dörfer aus und verbreiteten Angst und Schrecken über tausende von Jahren.
   Das ging solange weiter bis es den Alten genug war. Genauer gesagt es war dem Drachen Leviatan genug. Er war mit Abstand der mächtigste von ihnen und über drei Millionen Jahren alt. Angeblich spie er keine Feuermagie oder Lava, wie es die mächtigsten Drachen taten. Nein, wenn er sein Maul aufriss spie er Untergang. Der Himmel selbst wurde zertrümmert und alles da drunter wurde bis auf Atomebene zermalmt. Ja, er war definitiv der Mächtigste unter ihnen und nach hunderttausenden von Jahren bemerkte er zum ersten Mal die Menschheit.
   Er erkannte unsere magische Begabung und sah in uns das warmblütige Gegenstück zu den Drachen. Daraufhin erhebte er sich und schmetterte jeden Drachen nieder der sich ihm in den Weg stellte. Als ihn alle als Herrscher akzeptierten, ernannte er sich zum Himmelskaiser und schuf das erste Reich der Drachen nach dem Vorbild von uns Menschen. Leviatan akzeptierte damit unsere menschlichen Reiche und erschuf auch Gesetze die die Drachen mit uns Menschen gleichstellten. Das war vor knapp zweitausend Jahren.
   Kommen wir nun weiter in unsere Zeit zurück oder genauer gesagt vor knapp fünfhundertdreißig Jahren. Die Drachen waren inzwischen eine ferne und unbekannte Rasse für die meisten der Menschen. Sie zeigten sich uns ganz selten und wenn woben sie sich in Magie ein und wanderten unerkannt unter uns als Menschen. Doch man konnte eins nicht von der Hand weisen, die Angst die über tausende von Jahren und unzähligen von Generationen aufgebaut wurde, verwandelte sich mehr und mehr in Abscheu, Überheblichkeit und Arroganz gegenüber den Drachen. Insbesondere weil kaum einer die wahre Macht der Drachen kannte. Das war die Zeit in der mein Vater geboren wurde.
   Mein Großvater und seine bissige Mähre von Frau, wie er sie gerne nannte“, sie zwinkert. „Natürlich nicht in ihrer Gegenwart, hatten beide zusammen einen Schmiedebetrieb. Sonst waren da neben meinem Vater noch sein knapp zehn Jahre älterer Bruder und seine Schwester die nur knapp ein Jahr älter war als er. Damit war er das dritte und letzte Kind seiner Eltern. Dadurch, dass sein älterer Bruder dem Schmiedehandwerk seines Vaters nachging, hatte er alle Zeit der Welt um seinen Gedanken und Interessen zu verfolgen. So verbrachte er teilweise Tage in der örtlichen Bibliothek. Angeblich wegen den Büchern, aber ganz ehrlich? So wie er von der Tochter des Bibliothekars geredet hat, hatte er da wohl noch andere Gründe“, gibt sie kopfschüttelnd zu.
   „Nun gut, auf jeden Fall wurde er schnell besser und bereits mit siebzehn konnte er es mit jedem Hexenmeister oder Magier in der Region aufnehmen. So haben sich seine Eltern dazu entschlossen einen Großteil ihres Geldes zu sammeln und ihn zur Ausbildung in den Zirkel der Magi der damaligen Hauptstadt Steinhafen zu schicken.“
   „Steinhafen, das war in der Wüste Sari oder?“, unterbricht Sarina sie.
   „Ja, aber damals war es noch keine Wüste. Ganz im Gegenteil. Wie der Name schon sagt, war es eine fruchtbare Region direkt an einem Arm des Südmeeres. Die Stadt war durch den Handel enorm gewachsen und hatte fast dreißig Millionen Einwohner. Kaum zu Glauben oder? Wenn man sich die Region jetzt nach dem Krieg einmal ansieht. Das Meer verdampft, die Felder sind zu Glas geschmolzen, die Stadt eine einzige Ruine und die Menschen?“, sie schüttelt sich. „Nun gut, auf jeden Fall ging mein Vater dann mit knapp zwanzig in die Stadt und in den Zirkel der Magi. Dort begegnete er ihr. Sie war eine der Hohemagier des Zirkels und bildete unter anderem die Novizen im Bereich der Elementarmagie aus und natürlich verknallte er sich in sie.“
   „Igitt“, die junge Schützin verzieht angewidert das Gesicht.
   Lachend erwidert die Magierin: „Nein. Sie war nicht wie unsere Ausbilder. Auch wenn sie bereits Hohemagierin war, so sah sie vielleicht aus wie Mitte zwanzig.“
   „Oh, ach so. Man ich dacht gerade an die alte Hexe die wir bei Heilkunde hatten. Glaube die war locker hundertzwanzig Jahre alt und sah auch so aus“, feixt sie.
   Nach kurzem Gelächter fährt die Magierin fort: „Also eine Hexe war sie vielleicht auch. Mein Vater fand sie anfangs ziemlich kalt und arrogant, aber das konnte sie sich auch erlauben. In ihrem Bereich war sie die mächtigste Hohemagierin des Reiches. Mein Vater dagegen war damals nur ein Novize. Er war zwar einer ihrer besten Studenten und den anderen Novizen weit Voraus, doch gegen sie war er chancenlos und sie nahm ihn nicht wirklich für Voll. Das war bis zu ihrem Duell.
   Diese Trainingsduelle wurden in den Kampfdisziplinen einmal im Jahr auf dem Dach des Zirkels durchgeführt. Student gegen Meister. Mein Vater gegen sie.

Immer weiter und weiter erzählt die junge Magierin über diese schicksalhaften Ereignisse damals vor hunderten von Jahren…

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