Dienstag, 19. März 2013

DK 02 Duell


 „Na, bist du bereit mein Kätzchen? Heut zeig ich dir was ich wirklich drauf habe“, witzelt er.
   „Nenn mich gefälligst nicht so!“, zischt sie zurück. „Ich bin deine Lehrmeisterin“, belehrt sie ihn ein weiteres Mal.
   Dabei versucht sie eines ihrer widerspenstigen langen braunen Haare zu befestigen. Ein Unterfangen, was bei diesem starken Wind kaum möglich ist. Sie befinden sich knapp zweihundert Fuß weit über der Erde und hier pfeift der Wind ohne Unterlass. Auch die anwesenden Novizen haben Probleme mit ihren Roben. Bis auf Samarus. Er trägt heute ausnahmsweise eine braune Tunika.
   Mit Absicht? Vermutlich. Er wirkt mit seiner zerknitterten Robe und dem Drei-Tage-Bart immer so als würde er sich nie Gedanken machen, aber sobald man ihn einmal beim Zaubern erlebt hat … er liebt es zu tricksen und zu täuschen. Um die kurzen strubbeligen Haare muss er sich zumindest keine Gedanken machen. Verflucht, ich hätte noch ein Haarband mitnehmen sollen.
   Er zuckt mit den Schultern. „Na gut. Oh verehrte Hohemagierin Catherine, machet euch bereit, euch mir auszuliefern“, grinst er sie schelmisch an.
   Resigniert schüttelt sie ihren Kopf. „Besser wird das heute wohl nicht mehr werden. Nun denn. Dann fang mal an und zeig mir, was du dir dieses Mal ausgedacht hast!“ Ihr Körper spannt sich an und im Geiste bereitet sie sich bereits ihre wichtigsten Verteidigungstechniken vor.
   „Also naja, ähm, kannst du mir noch so zehn Minuten geben?“
   Das hat sie nicht erwartet. „Was?“, prustend fängt sie an zu lachen, „bitte was? Hast du etwa schon einmal von einem Kampf gehört wo dem Gegner zehn Minuten gewährt wurden?“
   „Ja, ich weiß. Aber komm schon. Glaub mir, es wird sich lohnen“, grinst er sie erneut an.
   Schnaubend antwortet sie ihm: „Na gut. Ok, ich lass dir zehn Minuten Zeit. Aber erwarte nicht, dass es deinen Noten gut tun wird.“
   „Ist mir Recht“, antwortet er. Sofort wird er still und beginnt sich zu konzentrieren.

Die Minuten vergehen und nichts geschieht. Nervös läuft Catherine auf und ab. Dabei überlegt sie sich, was er wohl vorhat: Was treibt er da? Es existiert nahezu kein Elementarzauber, der eine so lange Beschwörungszeit benötigt. Ob es eine Schattenbeschwörung ist? Früher war er bei Hyrasis und der hinterlistige Hund hat ihn mit Sicherheit so einige Tricks beigebracht. Aber nein. Für dieses Duell darf er einzig und allein Elementarzauber verwenden. Mir würde es auffallen wenn er andere Zauber verwendet. Das weiß er genau. Also, was hast du vor?

Nach fünf Minuten beginnt es. Ein Glockenschlag erklingt.
   Was zum…? Es ist Vormittag. Um diese Uhrzeit schlagen keine Glocken und der nächste Turm ist viel weiter entfernt. Woher kam das?
   Nervös betrachtet sie den Himmel. Verwundert sieht sie mit an wie innerhalb weniger Sekunden immer mehr und mehr Wolken aufziehen. Ein leichter Nebel breitet sich aus.
   Sechs Minuten sind vergangen und der nächste Glockenschlag erklingt. Kurz darauf verdunkelt sich der Himmel. Die Sonne selbst scheint verschluckt zu werden und Finsternis breitet sich aus. Nur schwer kann sie ihn noch erkennen.
   Trotzdem ist es keine Schattenmagie. Nein, das ist Elementarmagie. Kann es sein?
   Die siebte Minute ist vergangen und erneut schlägt die Glocke. Dieses Mal beginnt die Erde leicht zu beben.
   Etwas kommt, aber was? Heilige …
   Vollkommen entsetzt beobachtet sie, wie sich langsam aber stetig ein gewaltiger Glockenturm aus den Nebeln herausschält. Als der achte Glockenschlag das Dach erschüttert ist er vollkommen aufgetaucht. Ein gewaltiger Turm, der selbst den hohen Turm des Zirkels mickrig erscheinen lässt. Nur schwer kann man durch die Finsternis hindurch die feinen Gravierungen und Muster erkennen, die überall in den Turm eingearbeitet wurden.
   Der neunte Schlag erklingt und der Himmel beginnt zu grollen.
   Vollkommen sprachlos blickt sie nach oben. Das kann doch nicht sein, dazu kann er nicht in der Lage sein! Aber so ist es und so dreht sie sich schnell zu ihren Studenten um und ruft ihnen zu: „Rennt sofort runter vom Dach! Keiner darf hier oben bleiben!“
   Verdutzt starren sie ihre Schüler an.
   „Verflucht, das war ein Befehl! Bewegt eure Ärsche!“ Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, lässt sie ihre Hände aufflammen.
   Das hat gereicht. Schnell rennen sie die Treppe herunter. Gerade noch rechtzeitig, als der zehnte und letzte Glockenschlag erklingt. Damit zusammen springt der Zeiger auf die Zwölf und der Himmel stürzt über sie zusammen. Hunderte von brennenden Geschossen schlagen durch die Wolkendecke und stürzen auf das Dach hinab.
   Die Uhr des Jüngsten Gerichts. Wie kannst du so etwas nur entfesseln?
   Wütend sieht sie in Richtung Samarus. Der in diesem Moment zusammenbricht.
   Verflucht.
   Schnell stürmt sie auf ihn zu, während sie den herabregnenden Geschossen ausweicht. Als sie ihn erreicht entfesselt Catherine sofort eine Frostbarriere um sie beide zu schützen. Innerhalb eines Wimpernschlages breitet sich ein Eisnebel um sie herum aus, der sich sofort verfestigt. Donnernd knallen die Geschosse auf die massive Barriere ein. Kleine Eisbrocken und Kristalle rieseln herab, doch die Barriere hält.
   Sie sieht ihn nur kurz an. Er ist vollkommen dehydriert, aber noch immer bei Bewusstsein.
   „Siehst du“, krächzt er hervor, „jetzt sagst du nie wieder, dass ich es nicht“, ein heftiger Hustanfall unterbricht ihn, „mit dir aufnehmen könnte. Ha! Als ob ich es nicht mit einem Drachen aufnehmen könnte!“
   Entsetzt starrt sie ihn an, während er bewusstlos wird.

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