„Hoch die Krüge!“,
ruft Samarus freudig in den Raum hinein, während er seinen Bierkrug in den
Himmel streckt.
Verwirrte Blicke
der anderen Gäste starren ihm entgegen. Ein paar von ihnen sehen sich
verwundert an.
„Oh stimmt“,
gibt er kopfkratzend zu, „ich hab ja ganz vergessen euch zu sagen wofür.“
Nur geradeso
schafft es Diamedes seinen Kopf aufzuhalten, ehe er ihn sich selbst gegen den
Tisch schlägt.
„Also meine, mir
unbekannten, Freunde: Mein, euch ebenfalls unbekannter, Freund Diamedes hier,
hat heute Mittag eine Einladung des Bundes der Medici erhalten. Ihm soll eine
Auszeichnung verliehen werden für seine humanitären Dienste oder genauer
gesagt: Dafür, dass er jeden zusammenflickt, der ihn nett anlächelt“, er hält
kurz inne. „Ja, auch dich dahinten mit deinen schwarzen Zähnen. Auch wenn ich
dir doch einen Barbierbesuch empfehlen würde. Ansonsten musst du vielleicht
früher zu ihm, als es dir lieb wäre.“
Die anderen Gäste
lachen.
„Also, heben wir
unsere Krüge für Diamedes. Das er uns auch in Zukunft gratis behandelt!“, ruft
er und streckt erneut den Krug in die Höhe.
Dieses Mal
reagieren die anderen Gäste. Viele heben ihre Krüge und prosten Diamedes zu.
Ein paar rufen sogar: „Auf Diamedes!“
Dieser wiederum
würde aktuell wohl am liebsten ganz woanders sein. Aber notgedrungen lächelt er
und hebt zaghaft seinen Krug. Als sich Samarus wieder neben ihn hingesetzt hat
zischt er ihn von der Seite zu: „Verdammt, du hast deine Drohung echt war
gemacht!“
„Was hast du
denn erwartet?“, er legt sich den Zeigefinder an die Lippen. „Mh, ich hätte
dich vielleicht noch eine Rede halten lassen sollen“, überlegt er laut.
Kurz werden
Diamedes Augen groß, doch dann fängt er sich wieder. „Tja, dafür ist es zu
spät. Es schaut schon keiner mehr hierrüber.“
„Da hast du wohl
Recht. Nicht ganz so gastfreundlich die Kneipe hier wie man mir gesagt hat.“
„Du warst noch
nie hier?“
„Nein. Hyrasis
hat mir den Laden empfohlen.“
„Hyrasis? War
das nicht einer der Hohemagier? Warum geht ein Hohemagier in so eine Spelunke
und empfiehlt sie dann auch noch? Ich mein hier laufen ja einige sehr komische
Typen rum. Glaub die Hälfte der Gäste hier ist bewaffnet“, er sieht sich ein
wenig nervös um.
„Naja, er meinte
hier gäbe es das billigste Bier von Steinhafen“, gibt Samarus schulterzuckend
zu.
Verwirrt zieht
Diamedes eine Augenbraue hoch. „Das ist doch keine Empfehlung für eine Bar um
zu feiern?“, er stockt. Nach einen kurzen Moment begreift er es: „Außer
natürlich der Einladende hat gesagt er würde die Zeche zahlen“, funkelt er ihn
an.
Samarus grinst
breit. „Hey! Hohemagier sind keine reichen Medicis. Wir müssen halt sehen wo
wir bleiben.“
„Du weißt genau,
ich zähle nicht zu den Reichen unter den Medici.“
„Stimmt
allerdings“, gibt er zu. „Aber so schlecht ist der Laden nun auch wieder nicht.
Mir ist das Bier zumindest noch nicht hochgekommen.“
„Mh, ja. Ich hab
wirklich schon schlechteres getrunken. Aber ich bin doch ganz froh, dass Val im
Hort ist. Dieses Lokal würde ihr wohl nicht gefallen.“
„Vermutlich. Was
treibt sie da eigentlich?“
„Nichts
Besonderes. Es gibt da wohl ein paar Unruhestifter, die seit einiger Zeit immer
wieder für Ärger sorgen. Scheinbar ist Marek ihr Rädelsführer oder so“, bei
diesen Namen zuckt Samarus kurz zusammen, „aber nichts Ernstes. Valera ist dort
um eine Eskalation zu vermeiden. Du weißt ja, wenn Leviatan auf den Tisch haut,
dann ist nicht mehr viel von dem Tisch übrig.“
„Oder von dem Haus,
in dem der Tisch einmal stand.“
„Da hast du wohl
recht“, lacht Diamedes. „Hatte Cat eigentlich auch keine Zeit?“
„Ach naja, weißt
du? Sie sieht nicht so gerne wenn ich was trinke. Also hab ich mir gedacht:
Lass ich es sie nicht sehen und sag ihr einfach nichts davon.“
„Aha. Lag das
vielleicht daran, wie du dich bei deinem Junggesellenabschied zugeschüttet
hast? Also da muss sie sich keine Sorgen machen. Ich sorg schon dafür, dass du
nicht zu viel trinkst.“
Samarus
protestiert: „Ach komm schon. So viel hab ich auch nicht getrunken!“
„Du musstest
dich ja nicht nach Hause schleppen. Mir tut immer noch der Rücken weh, obwohl
das jetzt auch schon fast ein Jahr her ist“, er hält kurz inne. „Wo wir gerade
davon sprechen: Habt ihr nicht sogar bald euren ersten Hochzeitstag?“
Samarus Augen
werden groß.
„Ich komm nicht
mehr drauf. Das war doch auch irgendwann am Monatsanfang oder nicht?“
Samarus Augen
werden noch viel größer.
Gelassen blickt
Diamedes seinen Freund an. „Heute?“
Ein kurzes
Nicken, gefolgt von Stille.
„Ich bin jetzt
nicht so der übergroße Experte darin, aber solltest du nicht vielleicht jetzt
panisch aufspringen und nach Hause rennen? Damit du noch retten kannst, was
noch zu retten ist und so?“
Samarus greift
sich sein Bier. „Ich habe unseren ersten Hochzeitstag vergessen, habe ihr nicht
gesagt wo ich hingehe, seit knapp vier Glockenschlägen sollte ich bereits zu
Hause sein und außerdem hab ich bereits drei Biere intus. Da ist nichts mehr
retten“, er kippt sein Bier runter und greift sich das nächste, „wenn ich nach
Hause komme bin ich tot. Also warum sollte ich es da eilig haben?“, fragt er
seinen Freund.
Kopfschüttelnd
gibt der ihm Recht und stößt mit ihm an.
Die Abendstunden vergehen und in der Kneipe wird es immer
voller. Gerade als Diamedes eine Geschichte über einen Patienten und seinen
Pümpel erzählt wird Samarus hellhörig.
„Hab dieser
Missgeburt meine Klinge durch die Kehle gerammt. Da war dann Schluss mit dem
Feuerspeien. Das Vieh ist total panisch geworden und hat um sich geschlagen,
aber ich konnte …“, erzählt ein gerüsteter Mann an der Theke. Um ihn herum hat
sich inzwischen eine Menschentraube gebildet.
„Über was redet
der denn da?“, fragt er einen Schaulustigen, der gerade gehen wollte.
„Bitte? Ach er
behauptet er hätte einen Drachen mit bloßen Händen erlegt. War aber wohl eher
seine ganze Gruppe. Ein Angeber halt.“ Der Mann geht weiter.
Samarus kneift
seine Augen wütend zusammen. „Ist das ein Witz? Der prahlt hier mit einem Mord?
Hast du das gehört Dia?“
Diamedes blickt
stur auf seinen Krug herab. „Hör einfach nicht hin und trink weiter.“
„Was?“, verwirrt
sieht er zuerst den Mann an der Theke und dann seinen Freund an. „Stört dich
das etwa nicht?“
„Natürlich. Aber
was sollten wir dagegen unternehmen können?“, gibt er niedergeschlagen zu.
„Wenn du jetzt darüber gehst bekommst du nur Ärger mit ihm und seinen Leuten
dahinten“, er zeigt auf eine größere Gruppe auf der anderen Seite der Bar.
Jeder dieser Männer trägt eine schwere Kettenrüstung.
Schnaubend gibt
Samarus ihm Recht. „Na gut. Aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten um ihn
zum Schweigen zu bringen“, grinst er.
„Was meinst
du?“, fragt Diamedes beunruhigt, während er beobachtet sein Freund einige
Symbole auf den Boden eines leeren Kruges zeichnet.
„So, das sollte
reichen“, strahlt er. Kurz sieht er sich nach der Kellnerin um. Als er sie
sieht, ruft er sie zu sich. „Können sie uns bitte vier große Krüge Bier
besorgen? So voll wie möglich bitte.“
Die Kellnerin
hebt nur kurz eine Augenbraue, aber macht sich dann auf den Weg hinter die
Theke.
„Was hast du
vor?“, fragt ihn Diamedes nervös.
„Siehst du
gleich. Wart es nur ab. Ah, da kommt sie ja schon wieder.“ Schnell nimmt er die
Biere entgegen und bezahlt die Frau.
„Sooo, jetzt
schau gut zu“ Er greift sich jeweils zwei der Biere mit einer Hand und hält
sie, bereit zum Reinschütten, über den leeren Krug. „Noch nicht“ Er blickt
immer wieder rüber zu dem Kerl an der Theke, der immer noch davon erzählt wie
er den Drachen abgeschlachtet hat. Gerade als er zu seinem Bier greift und es
an seine Lippen führt gibt Samarus das Signal. „Jetzt!“ In diesem Moment kippt
er die vier vollen Krüge um und schüttet ihren Inhalt in das leere.
Ein gewaltiger
Bierschwall schlägt den Kerl an der Theke ins Gesicht. Sofort weicht die Menge
zurück, während der Mann versucht japsend zu Atem zu kommen. Er ist vollkommen
in Bier gebadet. Halbblind und orientierungslos versucht er die Theke zu
greifen, aber verfehlt sie um knapp zwei Fuß. Mit voller Wucht klatscht er auf
den Boden der Bar.
Samarus wiederum
kann sich selbst kaum halten, allerdings vor Lachen. Nur mühselig kann er sein
Gegackere unterdrücken, während er die hoffnungslosen Bemühungen des Mannes
wieder aufzustehen beobachtet. „Hast du das gesehen?“, fragt er zwischen seinen
Lachern Diamedes.
Nervös antwortet
der: „Ja, aber wir sollten jetzt besser gehen.“
Langsam fängt er
sich wieder. „Na gut, na gut. Ist eh schon spät.“
In dem
entstandenen Tumult verlassen beide die Bar.
„Man hast du das gesehen? So eine Lachnummer sag ich dir.
Wie blöde der gekuckt hat. Ein Bild für die Götter, aber das hat dieser
Dreckskerl auch verdient für den Mist, den er erzählt hat. Weißt du ….“
„Hey ihr, wartet
mal“, wird er unterbrochen.
Verwirrt dreht
sich Samarus um. In der Gasse hinter ihnen hat sich die Gruppe gesammelt, die
eben noch hinten in der Kneipe saß. Knapp sieben schwer gerüstete Krieger.
Während die vorderen ihre Klingen ziehen stößt sich einer von ihnen nach vorne.
Es ist der Mann von der Theke.
„Das wart ihr
Arschlöcher oder? Kumar hat gesehen wie du Bastard so ein beschissenes Ritual
veranstaltest hast“, dabei zeigt er auf Samarus. „Wisst ihr eigentlich mit wem
ihr euch angelegt habt?“
„Mit wem denn?“,
fragt Samarus gefasst, während er Diamedes nach hinten schiebt.
„Ich bin Stoll
Rotbuch und das sind meine Männer!“, er zieht sein Schwert. „Wir gehören zu den
gefürchteten Drachenjägern von Tijef! Wie kannst du es wagen, dich mit uns
anzulegen?“, brüllt er und schlägt zu.
Die Klinge
durchschlägt Samarus viel zu leicht und dringt bereits aus seiner Hüfte raus,
ehe der Mann es begreift: „Eine Illusion?“
„Freut mich euch
kennenzulernen“, erklingt hinter ihm Samarus eiskalte Stimme. „Mein Name ist
Samarus Dev. Hohemagier des Zirkels der Magi von Steinhafen, Gebieter über die
Sphären, Herr der Schatten, Meister der Finsternis und Freund des Leviatans …
Willkommen in Steinhafen.“
Geklapper von
Rüstungen und panische Stimmen erklingen von Hinten, als sich Rotbuch umdreht.
Entsetzt muss er mitansehen wie seine Männer vor dem Mann fliehen, dessen
Hinterkopf er gerade betrachtet. „Was zum Teufel?“
„Diesen Titel
trage ich nicht, auch wenn man mich schon öfters so genannt hat“, sagt Samarus,
während er sich herumdreht. Jetzt sieht auch Rotbuch, warum seine Männer
geflohen sind: Samarus Augen sind pechschwarz und die Adern in seinem Gesicht
haben dieselbe Farbe angenommen. Der Ausdruck in seinem Gesicht sieht aus, wie
der eines Dämons. Lässig hält er seinen linken Arm vor sich, an dessen Ende
sich eine in Finsternis gehüllte Klinge befindet. Träge wabern einige Schatten
um seinen Körper herum. Panisch reißt Rotbuch seine Augen auf.
„Nun? Währt ihr
jetzt auch so nett und verlasst unsere Stadt? Euresgleichen sind hier nicht
erwünscht müsst ihr verstehen“, während er das sagt legt er lässig seinen Kopf
schief.
Gerade als
Samarus einen Fuß nach vorne setzt, reißt bei dem Mann der letzte Faden seiner
Selbstbeherrschung. Angsterfüllt schmeißt er sich herum und rennt die Gasse
entlang, wobei er dabei fasst in Diamedes hineinrennt.
„Wow, das war
wirklich … Angsteinflößend“, gibt Diamedes zu, wobei er seinen Freund
vorsichtig beobachtet.
„Ja, nicht
wahr?“, antwortet ihm Samarus freudig. Lässig dreht er den Dolch in seiner
Hand. Langsam aber stetig verschwindet er wieder in den Schatten. „Ich kann
echt gruselig sein, oder?“, kichert er im Vorbeigehen. „So, nun komm. Ich muss
mich jetzt einer wahren Gefahr stellen. Komm mein treuer Recke, lasset uns in
das Antlitz des Todes blicken“, sagt er und zeigt in Richtung des
Magierviertels, wo ihn seine Geliebte erwartet.
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