Freitag, 8. März 2013

DK 14 Helden


Ein sonniger Morgen. Auf dem Exerzierplatz der Wächter haben sich fast alle Soldaten von Steinhafen und den umliegenden Städten versammelt. Dicht an dicht stehen sie da und beobachten das Treiben oben auf der Bühne.
   „Sieh dir nur unsere Helden an“, flüstert ihm Toris ins Ohr.

   „Mhm.“ Er hat nicht Unrecht. Seht sie euch an: Die Helden von Steinhafen.
   Der Erste: Großadmiral Saiten. Früher ein massiger Mann mit großen Bart und eine Stimme die nicht nur auf seinem eigenen Deck, sondern auch noch an Land zu hören war und jetzt? Abgemagert. Kein Wunder, hat er doch fast zwei Drittel seiner Untergebenen verloren, über zehntausend Mann. Er soll seit dieser Niederlage keinen Bissen mehr zu sich genommen haben. Seinen Bart musste er sich abrasieren, nachdem mehr als die Hälfte davon in den Flammen verging und seine Stimme? Nur ein heiseres Flüstern. Das Feuer hat ihm alles genommen.
   Neben ihm steht unser nächster Held: Hohemagier Aros. Er war es der erkannte was die Drachen vorhatten und den einzig möglichen Befehl gab um zumindest einen Teil der Flotte zu retten. Glaube aber nicht, er ist sonderlich stolz darauf. Nicht alle seiner Leute waren auf den Hauptschiffen und die Ehre, eines der Flaggschiffe, wurde vollständig zerstört. Mit ihr über vierzig Magier, so sind insgesamt fast achtzig gestorben. Doch im Gegensatz zu unsrem ersten Helden, hält er wohl nichts von Enthaltsamkeit, stattdessen gibt er sich der Völlerei hin. Falls man Alkohol als Essen bezeichnen könnte. Als die Helden die Bühne betreten haben, wäre er fast von der Treppe gefallen, so dicht ist er. Aber es ist nicht nur der Alkohol, der ihm zusetzt. Man sieht es bei allen Magiern in letzter Zeit. Sie sind alle kraftlos, ausgezerrt und müde. Der Wasserentzug nagt an ihnen.
   Kommen wir nun zum letzten unserer tollen Heldenschaar. Vor diesem gruselt es mich am meisten. Ein Hauptmann der Blaukiefer überlebt hat. Nicht, dass das bereits Leistung genug wäre, hat er nur mit einem billigen Schwert bewaffnet einen gewaltigen Drachen erlegt. Nein, nicht erlegt, er hat ihn niedergemetzelt. Dabei sieht er überhaupt nicht aus wie jemand, der zu so etwas fähig wäre. Auf den ersten Blick wirkt er ziemlich schmächtig, aber sein Blick … Sein Blick ist absolut angsteinflößend. Es sieht aus wie der Blick eines Toten, als ob er jeden Sinn im Leben verloren hätte. Toris behauptet das sogar. Er sagt dieser Drache hätte kurz vorher die Ehefrau des Hauptmanns in Stücke gerissen. Zumindest hat das ein anderer Überlebender behauptet. Danach fragen will ich ihn aber jedenfalls nicht. Auch wenn ich vielleicht irgendwann die Möglichkeit dazu hätte. Man hat ihn immerhin zum Marschall ernannt und ihm damit den Oberbefehl über die Infanterie gegeben.  Als Nachfolger von Kulak, der zusammen mit seinen Beraterstab auf der Ehre in Flammen aufgegangen ist. So möchte man doch gerne an seine neue Stellen kommen, oder?

Die Rede ist zu Ende, die Helden wurden geehrt und nachdem die letzten aufgehört haben zu klatschen, ist die Menge dabei sich wieder aufzulösen.
   „Reth?“
   Verwundert blickt er Toris an. „Mh, was ist?“, fragt er ihn.
   „Nichts, du siehst nur ziemlich betrübt aus.“
   „Kann sein. Sagst du bitte dem Hauptmann, ich werde mich ein wenig verspäten? Ich muss noch wohin. Unsere Schicht fängt eh erst später an.“
   „Na gut“, erwidert Toris ohne weiter nachzuhaken. Er sieht ihm noch kurz nach wie er langsam dahinschlürft, ehe er zurück zur Stube geht.
   Reth geht weiter seinen Gedanken nach: Die Situation ist mehr als nur angespannt. Nachdem das Meer auf einmal angefangen hat zu kochen ist alles drunter und drüber gegangen. Viele der Fischer die auf See waren haben es nicht rechtzeitig zurück geschafft und dann ist auf einmal der Hafen regelrecht explodiert. Schiff für Schiff ist aus dem Nichts aufgetaucht. Die meisten davon haben bereits gebrannt, andere waren sogar bereits nichts weiter als verbranntes Holz. Ohne das Wasser aus dem Meer hat es Ewigkeiten gedauert die Schiffe zu löschen und die Überlebenden zu bergen.
   Reth schüttelt den Kopf. Mit einem Schlag wurde fast die Hälfte unserer Armee vernichtet. Seitdem greifen sie uns jede Nacht an, ein Zermürbungskrieg. Toris behauptet das bald ihr richtiger Angriff beginnt. Vermutlich hat er Recht, die Magier, unsere einzige richtige Waffe gegen die Bestien, sind so gut wie fertig. Jeden Tag brechen mehr und mehr zusammen. Ah da ist er ja.
   Der Hafen von Steinhafen. Massiv aus Stein, gebaut für die Ewigkeit. Derjenige der dieser Stadt ihren Namen gegeben hat. Derjenige der die Stadt mit Reichtum und Leben beschenkt hat. Lachende und spielende Kinder, die im Wasser herumtollen. Fischweiber, die ihre Waren anpreisen, während ihre Männer gerade dabei sind den frisch gefangenen Fang auszunehmen. Eine sanfte Briese die übers Meer fegt. Das Salz auf der Zunge schmecken, während man die noch junge Sonne im Meer bewundert … All das gibt es nicht mehr. Halb geschmolzener Fels neigt sich in die Tiefe, runter in eine weite ausgetrocknete Ödnis. Niemand läuft hier noch rum, dafür stinkt es zu sehr nach verbranntem Stein, Holz und ganz besonders nach verbrannten Fleisch. Mit jedem Windzug wird einen dieser Gestank wieder und wieder ins Gesicht geweht. Ich will gar nicht schlucken, ansonsten schmeck ich es wieder auf der Zunge.
   Er bleibt am Rand stehen und blickt nach unten. Nichts als Ödnis. In einer Nacht wurde aus diesem schönen Meer eine einzige Wüste.
   „Dacht ich mir doch das du hier bist.“
   Toris.
   „Ich kann es einfach immer noch nicht glauben. Es sind keine zehn Tage her, dass ich hier stand und mir die Gischt ins Gesicht geweht ist. Jetzt regnet es nicht einmal mehr.“
   „Mhm.“ Toris kommt langsam näher und legt seine Arme um ihm. „Ich weiß. Ich stand mit dir hier. Genauso wie jetzt auch.“
   „Ja …“ Er lässt sich leicht zurückfallen in die Umarmung seines Liebsten. „Ich glaube es wird noch schlimmer.“
   „Vermutlich.“

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